Kurz gefasst
Mókuska investiert in 1 ha Kaffeeplantage und in den Anbau von Bio-Kaffee, auf der Fazenda Pinheirense, Petúnia, Minas Gereis, Brasilien.
2021 wurde Brasilien das dritte Mal innerhalb von zehn Jahren von einem außersaisonalen Frost heimgesucht, der einen Großteil der Kaffeesträucher und -bäume auf der Fazenda wieder zerstört hat. Das Projekt unterstützt den neuen Ansatz, mittels Agroforstwirtschaft die neu gepflanzten Setzlinge zu schützen und ein widerstandsfähiges Ökosystem zu schaffen, das eigenständig auf das sich verändernde Klima reagieren kann.
Wir gehen damit einen Schritt weiter in unserer Mission, direkt gehandelten Specialty Coffee zu fördern, bei dem wir transparent aufzeigen können, woher er kommt und wie viel die Produzent*innen am Ende daran verdienen.
Fazenda Pinheirense & der Klimawandel
Wir haben eine Kaffeeplantage.
Das ist etwas inakkurat, konkreter: Wir investieren in eine 1 ha große Anbaufläche auf der Fazenda Pinheirense, Petúnia, Minas Gereis, Brasilien. Unser Freund und Besitzer der Fazenda Timo Plötz hat uns und geschätzte Kolleg*innen für die nächsten fünf Jahre mit an Bord geholt, um etwas für Brasilien Untypisches zu versuchen: den Anbau von Bio-Kaffee in einem Agroforst-Ökosystem.
Brasilien ist bekanntlich das produktions- und exportstärkste Arabica-Anbauland der Welt, was Rückschlüsse auf die Methoden des Anbaus und die Qualität der Ernten zulässt. Bio-Kaffees hingegen bedürfen zeitintensiver händischer Pflege und einer Strategie, mittels derer man die Erde gezielt mineralisch anreichert und damit die Pflanzen je nach Wachstumsphase optimal versorgt.
Für Bio-Kaffee gelten strenge Regeln, weshalb nicht irgendein Dünger, Herbizid, Fungizid und Pestizid verwendet werden darf.
Hier kommt der zweite Kopf des Projektes mit ins Spiel: Jonas Ferraresso. Er nennt sich selber “Coffee Agronomist” und weiß alles rund ums Thema Kaffeeanbau. Sein Wissen ist das System, auf dem das Projekt fußt, er stellt nicht nur den Biodünger her, nach seinem Plan werden auch die Setzlinge der Kaffeepflanzen und Schattenbäume händisch in die Erde gesetzt, gezielt gedüngt und jeder einzelne manuell gepflegt.
Dieser allgemeine Mehraufwand ist etwas, das sich bei erfolgreichem Projektverlauf in der Qualität der Kaffeekirschen und im Preis widerspiegeln wird.
Aber nun noch einmal zwei Schritte zurück. Was bedeutet Agroforstwirtschaft eigentlich? Warum braucht es den neuen Ansatz und wieso glauben wir an dieses Projekt?
Agroforstwirtschaft & Bio-Kaffee
Brasilien wurde 2021 zunächst von einer anhaltenden Dürre und dann erneut von einer außergewöhnlichen Frostwelle getroffen. Viele Produzent*innen verloren alle oder einen Großteil ihrer Nutzpflanzen und Ernten, so auch die Fazenda Pinheirense. Timo sah sich vor der Frage, entweder die unveränderte Neubepflanzung nach bisherigem Konzept zu wagen und einen weiteren Verlust durch Frost zu riskieren, oder nach einem anderen Ansatz zu suchen.
Die Entscheidung fiel auf die Unterstützung durch Jonas und die Agroforstwirtschaft als ganzheitlicher Ansatz. Die neu gepflanzten Kaffeesträucher sollen mit den Jahren durch hochwüchsige und gezielt gepflanzte Nutzhölzer geschützt werden.
Das Blätterdach dient dabei einerseits zum Schutz vor zu viel Sonne und gleichzeitig bildet sich eine Art natürliches Treibhaus, das Wärme speichert und damit vor Frost schützen kann. Das wachsende Ökosystem wird durch Insekten und Tiere ergänzt, die z.B. bei der Bestäubung der Kaffeeblüten helfen.
Zudem stellte Jonas bei der Bodenanalyse fest, dass das chemische Element Phosphor in zu geringen Mengen im Boden zu finden war. Phosphor ist jedoch essenziell für ein gutes Wachstum der Kirschen und ein speziell auf die Bodenzusammensetzung abgestimmter Dünger wurde ausgebracht.
Der Schritt hin zu Bio-Kaffee ist bei all den Analysen und Umsetzungen dann ein naheliegender, denn die Böden bieten nach der gezielten Düngung eine optimale Grundlage dafür.
Kaffeevarietät & Nutzbäume
Bei der Frage nach der zu pflanzenden Kaffeevarietät und den dazu passenden Schattenbäumen kommen weitere Gedanken mit ins Spiel. So ist einerseits zu beachten, dass beide mit den klimatischen Gegebenheiten gut zurechtkommen, gleichzeitig aber auch eine Resistenz gegen lokale Krankheiten mitbringen, z.B. coffee leaf rust.
Für Specialty Coffee kommt noch die Wichtigkeit eines guten Tassenprofils hinzu und für Timo und die beteiligten Röstereien ist die Ertragreiche natürlich ebenfalls ein zentraler Punkt. Brasilien verbietet zudem den Import landesfremder Kaffeevarietäten, wodurch final die Wahl auf Arara fiel.
Arara ist ein 2012 in Brasilien der Öffentlichkeit vorgestellter, natürlich aufgetretener Hybrid, der fünfzehn Jahre Forschungsarbeit zugrunde liegt. Der Kaffeestrauch der Arara-Varietät ist eher klein, übersteht Trockenphasen sowie schwere Regenfälle und ist gegen coffee leaf rust und andere Kaffeekrankheiten immun. Perfekte Voraussetzungen, für die wachsende Klimakrise.
Die reifen Kaffeekirschen sind goldgelb und die Pflanzen sehr ertragreich. Mittlerweile taucht die Varietät immer häufiger auch bei den wichtigen Kaffeewettbewerben der Specialty Coffee Branche auf und erzielt aufgrund ihrer hohen Qualität und außergewöhnlichen Geschmackscharakteristik phänomenale Cup-Scores.
In drei bis vier Jahren ist auf der Fazenda Pinheirense mit der ersten Ernte zu rechnen. Dann werden wir uns ein erstes Bild davon machen können.
Die Nutzhölzer, die in fünfzehn Jahren ausgewachsen sein und für das natürliche Blätterdach sorgen werden, sind ebenfalls heimische Arten und produzieren zusätzliche Ernten. Sie werden gezielt um die Reihen mit Kaffeesträuchern angepflanzt, denn auch hier sind einige Dinge im Zusammenspiel zu beachten.
Grundlegend sollen die Schattenbäume genau diese Aufgabe erfüllen: Schatten spenden und damit vor zu viel Sonneneinstrahlung schützen. Zu viel Sonne verbrennt die Blätter und lässt mehr Wasser verdunsten. Zu viel Schatten wiederum lässt Ernten kleiner ausfallen.
Bei 30-40 % Nutzhölzer und 60-70 % Kaffeesträucher siedelt Jonas die richtige Balance an: Genügend Licht, ausreichend Schutz und ein optimales Klima für das Wachstum der Kaffeekirschen, die bei weniger Sonne mehr Zeit für die Reifung und damit länger Zeit für die Ausbildung von Zuckermoleküle haben.
Die Zukunft & ihre Risiken
Das Klima in Brasilien sei unberechenbar geworden, so die Beobachtung von Timo. Das Ausbringen der ersten Kaffeesetzlinge auf unserem Hektar (Area A) musste aufgrund von sehr lang anhaltenden Regenfällen in einem ungewöhnlich kurzen Zeitfenster erfolgen. Der Boden sei dafür eigentlich nicht optimal gewesen, zu matschig, und hat die Arbeiten erschwert.
Trotzdem ist es geglückt, Dank unermüdlicher Arbeit und die erste Düngung mit ½ organischem und ½ konventionellem (ja, es wurde bei der ersten Düngung auch Konventioneller eingesetzt, denn der Boden hat es notwendig gemacht) wurde ausgebracht.
Im nächsten Schritt folgt vorübergehend zum Schutz die Pflanzung von Mungbohnen zwischen den noch kleinen Setzlingen. Das wachsende Unkraut in der bepflanzten Reihe wird händisch gejätet, solches zwischen den Kaffeereihen darf stehenbleiben und dient als Lebensraum für kleine Tiere.
Im September prüft Jonas dann, wie sich der Boden entwickelt hat und passt die Zusammensetzung des Düngers dementsprechend an. Derweil können die Nutzbäume munter weiterwachsen.
In ca. 30 Jahren werden sie ihr volles Blätterdach ausgebildet haben und die Fazenda Pinheirense wird ihren eigenen kleinen Dschungel beherbergen.
Bis es jedoch soweit ist, braucht es einige gedrückte Daumen, denn ein weiterer unerwarteter Frost in den essenziellen Wachstumsphasen kann sowohl Kaffeesetzlinge als auch Nutzhölzer schwer beschädigen. Alle an diesem Projekt Beteiligten, angefangen von Timo, über Kaffeewerkstatt Kucha, Seekind Coffee, Machhörndl Kaffee bis zu uns, Mókuska Kaffeerösterei, tragen nun dieses Risiko gemeinsam und hoffen auf das Beste.
Interessantes Projekt. Wir schätzen Kakao aus dieser Anbaumethode sehr. Und finden es auch bei Kaffee zukunftsorientiert. Toll, dass ihr dabei seid.